Franzosenzeit 1806 bis Ende 1807

Stralsund

Am 25. August wurde die, von den Franzosen, eingesetzte einstweilige Landesregierung von Greifswald nach Stralsund verlegt. General Thouvenot wurde Gouverneur und Eskadronchef Allous wurde Kommandant der Festung. Am 27. September 1807 verließen die letzten Schweden Rügen. Der Rat sah sich nach der Einnahme der Stadt veranlasst, eine Veränderung seiner Verwaltung vorzunehmen, indem er dem gesamten amtlichen Verkehr mit der Landesregierung und den französischen Militärbehörden zusammenfasst. Das wichtigste dieses neu geschaffenen städtischen Departements, das Generalbüro, welche alle Erlasse der betreffenden Behörden entgegennahm und weiterbeförderte, selbst die geheimen Angelegenheiten zu erledigen hatte. Bitten und Beschwerden wurden von den französischen Befehlshabern meist mit einem Achselzucken und einem "C'est la guerre" ("So ist der Krieg") abgefertigt. Aber gerade bei französischen Militärverwaltung waren Habgier, Überheblichkeit und Bestechlichkeit anzutreffen. Zu Beginn der Besetzung war das Betragen der Militärbeamten noch freundlich, aber es zeigten sich auch die ersten Anzeichen von Maßlosigkeit. So verlangte Marschall Brunne täglich eine Tafel für bis zu 40 Gedecken, was dazu führte das alle höheren Beamten und Militärs diese, in ähnlicher Weise, für sich in Anspruch nahmen.

Bald sollten aber den Bürgern der Stadt die Augen übergehen. Schon acht Tage nach der Einnahme Stralsunds wurde über die Landesregierung die Forderung gestellt, die Stadt müsse Gouverneur General Thouvenot und Stadtkommandant Allous ein Geldgeschenk machen. Für den ersten waren 200 Louis d´or (ca.50.000 €) und den zweiten 100 Louis d´or vorgesehen. Thouvenot beklagte sich das dieses für einen General aber zu gering sei und forderte eine monatliche Zahlung dieses Betrages, welches er und auch Allous dann auch erhielt. Zuzüglich eines monatlichem Tafelgeldes von 60 Louis d´or wurden monatlich 3300 Taler in Gold (ca. 15,000 €) bezahlt.

Marschall Brune selbst fing kein an: er begnügte sich einstweilen damit, ein silbernes Schachspiel aus der städtischen Löwensche Sammlung zu annektieren. Natürlich ließ er es sich bloß auf die Dauer feinen Hierseins leihen, aber ebenso natürlich packte er es bei feinem Weggang mit ein.


Anne Brune Marschall Guillaume-Marie-Anne Brune

Am 15. September ließ der Geheimsekretär des Marschalles Berne den Rat wissen, Brune erwarte für die Schonung der Stadt 10.0000 Franken. Für Berne fielen dabei 500 Louis d´or ab. Auf Marschalles Brune folgte Divisionsgeneral Molitor. Nach der Besetzung von Rügen blieben in Stralsund 2 französische Regimenter Infanterie 2 Kompanien italienischer Pioniere, 2 Kompanien italienischer reitender Jäger, 5 französische Kompanien Artillerie zu Fuß sowie Soldaten der Marinegarde. Diese waren sämtlich bei den Bürgern der Stadt untergebracht, welch damals ca. 11.000 Einwohner zählten. Die Bürger hatten auch für die Beköstigung der Soldaten zu sorgen.

Durch weiter Ausgaben war das Stadtsäckel bald leer und so musste ein Kredit von 100.000 Talern aufgenommen werden, was zu erhöhten Steuern für die Stralsunder führte. Um die Steuerlast gerecht zu verteilen wurden z.B. die Grundsteuern nicht nach Größe der Grundstücke und Häuser berechnet, sondern nach dem Vermögen der Besitzer. So ordnete Divisionsgeneral Molitor Anfang 1808 an, dass alle schwedischen Wappen durch französische zu ersetzen seien. Alle Gerichts- und Landesverwaltungsbehörden sollten nunmehr in Namen des Kaisers von Frankreich Recht sprechen. Damit sollte Schwedisch-Pommern ein Teil des französischen Kaiserreiches werden. Aber auch der schwedische König dachte nicht nachzugeben und so blieben die französischen Truppen in Schwedisch-Pommern. Und Divisionsgeneral Molitor verlangte weiter Zahlungen in Höhe von 1000 Louis d´or (250.000 €) monatlich. In Stralsund waren die Lasten so hoch, dass sich die Bürger bei den Befehlshaber der französischen Truppen, Marschall Soult, beschwerten, sodass sich dieser gezwungen sah dem Treiben seiner Offiziere Einhalt gebot. In einem Befehle wurden die Tafeln ab dem 16 Januar für Abgeschafft erklärt bzw., dass sie auf eignen Kosten zu betreiben seihen, und das der in Stralsund kommandierende General monatlich 3000 Franken, jeder Obrist 600, jeder Adjutant, jeder Unterinspekteur und der Geniekommandant 500 erhalten solle. Dadurch hatten diese in der Quartierwohnung auf nichts weiteres Anspruch, als die Lieferung von Tisch- und Bettzeug, auf Tisch- und Küchengerät, auf Heizung und Beleuchtung. Divisionsgeneral Molitor trieb es auf die Spitze, indem er äußerte, er habe nicht dagegen seine 1000 Louis d´or weiterhin zu bekommen, was dazu führte, dass er die vom Lande zu bekommenden 8000 Franken, auch noch einstrich.

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1808

Gleichzeitig wurden Erpressungen, um an die nun verbotenen Zahlungen zu kommen, die Regel. Ein Beispiel war Major Legros, welch als Platzkommandant täglich 1 Louis d´or beanspruchte, denn er könne der Stadt nutzen oder schaden.


Divisionsgeneral Molitor Divisionsgeneral Molitor

So musste z.B. der Gutsbesitzer Graf Wachmeister für die Einquartierung 1807/1807 3151 Taler ausgeben. Kein Wunder, dass im Sommer 1808 40 angesehenen Familien die Stadt heimlich verlassen hatte. Als Erleichterung war zu vermelden, dass die Landesregierung einen Zuschuss gewährte, welcher aber erst ab 1813, zu teilweisen Auszahlung kam. Weiterhin wurden Kasernen eingerichtet, wodurch die Lasten der Bürger gemindert wurden. Die Franzosen nutzten das Gildehaus der Brauercompganie, Gymnasium im ehemaligen Katharinenkloster und das Gebäude der Ressource als Kaserne, in den Pfarrkirchen St. Marien und St. Jakobi richteten sie Magazine ein, die Johanniskirche und die Heilgeistkirche wurden zu Stallungen umfunktioniert. Die französischen Besatzer schafften Relikte der mittelalterlichen Strafgerichtsbarkeit, wie den Schandpfahl, ab.
Die erhöhten Steuern führten zu Zwangsvollstreckungen, welch die Erbitterung weiter steigerte. Nur mit Hilfe des französischen Militärs konnten diese Maßnahmen durchgeführt werden, was zu einen Anstieg des Hasses auf die Franzosen führte. Dennoch blieb das Steuereinkommen zu gering, sodass die Ratsbediensteten, ja selbst die Armenkasse kein Geld zur Verfügung hatten. Feste wie der Geburtstag des Kaisers und der Kaiserin, welche Freude bringen sollten,schaffte ehr Verdruss, da die Kosten vom Stadtsäckel getragen werden mussten. Als Beispiel diente der 19. März, der Geburtstag der Kaiserin Josephine. Divisionsgeneral Molitor lud zu einem glänzenden Ball und präsentierte die Rechnung fünf Tage später der Stadt. Das aber aufgrund von Geldmängel, die im Jahre 1804 eingeführte Stadtbeleuchtung, kein Geld zum Ankauf von Öl hatte, war dabei besonders bitter.
Im März 1808 wurde eine Landung der Franzosen in Schonen (Südschweden) in Erwägung gezogen, was zu einer vermehrten Truppenpräsenz in Stralsund und Rügen führte. Die Schiffer Pommerns mussten die Kosten dafür tragen. Truppen führten Übungen zum Ein- und Ausschiffen im Stralsunder Hafen durch, welche in einem Lager zwischen Lüssow und Voigdehagen zusammengefasst waren. Der Feldzug kam nicht zur Ausführung, da Frankreich alle Kräfte für den Krieg in Spanien benötigte.

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Das Ende der Franzosenzeit

Um sich für den Krieg den Rücken frei zu halten, benötigte Napoleon im Osten Ruhe. So lud er 1808 die Fürsten der
Reinbundstaaten nach Erfurt.

David Lukas Kühl
David Lukas Kühl

Bürgermeister David Lukas Kühl (*1752 Stralsund †1837) und Freiherr Karl Dietrich Schoultz von Ascheraden machten sich am 29. September auf, waren am 2. Oktober in Berlin, am 3. In Leipzig und trafen an 5. Oktober in Erfurt ein. Hier warteten sie auf Einlass nach Erfurt. Mit Vermittlung des Erbprinzen von Mecklenburg-Schwerin, bei dessen der jüngere Bruder des Freiherr Karl Dietrich Schoultz von Ascheraden als Gouverneur tätig war, erhielten am 13. Oktober um 12.00 Uhr traf sie sich dort mit Napoleon, um unter anderem über die Beibehaltung der ständischen Verfassung zu sprechen. Nach der ersten Frage Napoleons: "Wie heißen Sie?" ließ er sich das Beglaubigungsschreiben. Nach einer weiteren Frage wie viele Soldaten in Schwedisch-Pommern stehen und die Antwort lautet: 14.000 sagte Napoleon: "O das ist zu viel, man muss welche wegnehmen.“ Die Antwort auf die Frage ob Schwedisch-Pommern einen Fürsten ernähren kann wurde verneint und so fragte Napoleon: "Wollen Sie preußisch werden?" Auf das Schweigen: "Mecklenburgisch also?" antworteten die Gesandten: "Das würden wie vorziehen." Napoleon: "Weshalb?" kam die Antwort. "Weil wir mit Mecklenburg die gleiche Verfassung und gleiches Gesetz haben." Damit endliþ Napoleon die Abgeordneten.

Nach der Audienz wurden die französischen Truppen im März 1808 größtenteils abgezogen und durch eine kleine Wachtruppe aus französischen und polnischen Soldaten ersetzt. Ende Oktober verließen die meisten Truppen Schwedisch-Pommern und am 1. November erging der Befehl Napoleons zum schleiften die Festungsanlagen Stralsunds. Aber nicht der Besuch der Stralsunder hatten Napoleon bewogen diesen Befehl zu geben, er braucht die Truppen dringend in Spanien und wollte die Festung nicht im Rücken haben, die als Stützpunkt von Aktionen gegen ihn verwendet werden konnten.

Nach Abzug der Division Molitor nach Spanien, übernahm General Golveiller de candras Baron de la Four de Pre die 3000 Mann zurückgebliebenen Truppen. Aber im März 1809 waren alle französischen Soldaten aus Stralsund abgezogen. Bis zum Eintreffen des Bataillons Mecklenburger unter Major von Pressentin, sowie eine Schwadron polnischer Jäger und eine Abteilung des 7. französischen Artillerieregimente, wurden die Wachdienste von den Bürgern erfüllt. Die Mecklenburger wurden nicht freudig begrüßen, es gab, teils blutige Schlägereien. Als in Stockholm am 13. März der schwedische König verhaftet wurde, viel vielen Stralsunder ein Stein vom Herz. Schwedisch-Pommern war 1808 in deutschen Landen, der einzige Fleck, wo noch Kriegsrecht herrschte. Nach Schills Besetzung der Stadt wurde die Besatzung zunächst von holländischen, dann wieder von mecklenburgischen Truppen gestellt. Im Januar 1810 kam es zum Frieden zwischen Frankreich und Schweden und zur Rückgabe Stralsunds an Schweden. Am 27. Januar 1812 zogen die Franzosen wieder in Stralsund ein, das ihnen vom Kommandanten von Peyron kampflos übergeben wurde. Unter Führung General Morands verließ die etwa 3000 Mann starke Besatzung am 7. März 1813 die Stadt und wurde drei Wochen später im Gefecht bei Lüneburg vernichtet.

Am 28. März ging das erste Armeecorps der Schweden an Land. Unter den ca. 30.000 Mann befand sich auch eine Brigade mit 3600 englische Soldaten, welche zum Schutz Stralsund in der Stadt verblieben.
Allerdings gingen 144 Mann unter dem Befehl von Captain Richard Bogue mit dem Nordheer in Richtung Süden. Diese Abteilung war eine Raketenbatterie, welche am 18. Oktober in den Kämpfen im Süden Leiptzigs erfolgreich eingesetzt wurde.

Quellen: Wipikedia Geschichte der Hansestadt Stralsund
Aus Stralsunds Franzosenzeit, Otto Franke, Stralsund 1837, Verlag Siegmund Bremer

=> Schwedenzeit
=> Französische Herrschaft
=> Ferdinand von Schill
=> Preußenzeit - Übergabe an Preußen

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