Die letzten Jahre der Schwedenszeit in Stralsund

1800 bis 1806

Stralsund

Seit der Belagerung im Jahr 1758 hatte Stralsund keine militärischen Auseinandersetzungen mehr erlebt. Abere 1804 brach Schweden die diplomatischen Beziehungen zu Frankreich ab und ging mit England und Russland eine Allianz gegen Frankreich ein. "Das verbündete Heer dieser drei Staaten sollte von den Küsten der Ostsee und Nordsee aus in das südöstliche Deutschland eindringen, um der damals den Österreichern und Russen gegenüberstehenden französischen Kriegsmacht in den Rücken zu fallen."
Die ersten fremden Krieger, welche Stralsund betraten, war ein Teil des vom General Tolstoi geführten gegen 20000 Mann starken russischen Heeres, welches mit etwa 8000 Schweden vereint unter dem Oberbefehl des Königs Gustaf den an den Mündungen der Elbe und der Weser gelandeten 20000 Engländern unter General Don die Hand reichen sollte. Das ganze Unternehmen blieb aber, so gut es ausgedacht war, ohne Erfolg, weil, als Gustaf den ganzen Feldzug nach langem Zögern endlich beginnen wollte, Napoleon den seinen gerade beendet und durch den Sieg bei Austerlitz Kaiser Frans zum Waffenstillstande (dem der Fiedern von Preßburg folgte), den Kaiser Alexander zum Vertrage von Holitsch gezwungen hatte."


1806 bis Anfang 1807

Gustaf IV. Gustav IV. Adolf

"Der König Gustaf IV. Adolf nahm sein Hauptquartier in Greifswald, von wo er durch einen Erlass vom 30. April 1806 für seine deutsche Provinz, in welcher bis dahin gar keine Verpflichtung zum Heeresdienst bestanden hatte, die Einrichtung einer Landwehr anordnete. Nach diesem Erlasse gehörten fortan alle eingebornen, unverheirateten diensttauglichen Männer mit Ausnahme der Edelleute, der Beamten, der Studenten und Schüler, der Handwerksmeister, Schiffer und Steuerleute, der hausbesitzenben Bürger, der einzigen Söhne der Witwen von Handwerk oder Landleuten und endlich der Bewohner des Darßes sowie der Schiffer- und Fischerdörfer vom 19. bis zum 26. Lebensjahre der Landwehr, welche nur zur Verteidigung des eigenen Landes verwendet werden durfte, an. Dieselbe war in 58 Bataillone geteilt, welche jährlich einmal auf 20 Tage zu Übungen zusammentreten sollten, wobei die Mannschaften ihre eigene gewöhnliche Kleidung zu tragen, die Bewaffnung dagegen aus den königlichen Vorräten zu empfangen hatten. Die Ernennung der Offiziere hatte der König sich Vorbehalten."

"Selbst die oberste Verwaltungsbehörde der Provinz, die Pommersche Landesregierung, erklärte den Erlass vom 30. April für verfassungswidrig und weigerte sich ihn zur Aufführung zu bringen, was am 19. Juni ihre Auflösung und die Übertragung ihrer Befugnisse auf den Generalgouverneur zur Folge hatte, wenige Tagt später aber, am 26. Juni, den König sogar veranlasste, ohne Weiteres die ganze Landesverfassung seiner deutschen Provinz aufzuheben und die schwedische an ihre Stelle zu setzen. Seinen fernem Einfluss feiner Willkür, nämlich die zum 1. September 1807 befohlene Einführung des schwedischen Rechts, der schwedischen Gerichtsverfassung und der schwedischen Kirchen- und Schulwesens, machten die vor jenem Zeitpunkte eintretende Ereignisse unwirksam; dagegen trat die angeordnete einstweilige Neugestaltung des Gerichtswesens, welche unter Andern auch die Aufhebung der Patrimonialgerichte in sich schloss, sofort ins Leben. Nicht unerwähnt darf bleiben, dass Gustaf in dieser Zeit, nämlich, am 4. Juli, auch die Leibeigenschaft in Schwedisch Pommern aufhob, was freilich ebenfalls in völlig verfassungswidriger Form geschah."

1806 bis Anfang 1807



Stralsund Gefecht vor Voigdehagen 01.04.1807 © Stadtarchivs der Hansestadt Stralsund

"Als nach der preußischen Niederlage bei Jena im Vierten Koalitionskrieg die Franzosen ganz Norddeutschland besetzten, bedrohten sie auch Schwedisch-Pommern. Erst am 29. Oktober auf Nachricht von dem Ausgange der Schlacht bei Jena ward endlich Stralsund in Belagerungszustand erklärt und mit Armierung der Festungswerke begonnen." Die etwa 1600 dort bis dahin lebenden Menschen wurden in der Marienkirche notdürftig untergebracht. "Schon nach wenigen Tagen erfuhr man, dass der Fürst von Hohenlohe am 28. Oktober zu Prenzlau, der General Bila am 31. Oktober zu Anklam Waffen gestreckt habe, und dass das ganze rechte Peeneufer von Franzosen wimmelte. Preußische Versprengte überfluteten die Provinz, und schon war es vorgenommen, dass bei Verfolgung der flüchtigen Scharen kleine feinbliche Abteilungen den Grenzfluss überschritten hatten." Die Franzosen rückten im Januar 1807 über die Peene weiter nach Pommern vor. Die in Vorpommern stationierten schwedischen Truppen zogen sich am 29. Januar 1807 nach Stralsund zurück, die Stadt wurde landseitig vom französischen Heer eingeschlossen."

"Der erheblichste feindlichste Zusammenstoß während der ganzen Blockade fand an 14. März statt, wo man eine vor Klein Kedinghagen neu aufgeworfene Schanze, ehe sie mit Geschütz, einnehmen und zerstören wollte. ... Um 7 Uhr sind die Truppen, welch bis an das Glacis verfolgt waren, wieder in der Stadt, sie haben aber 300 der Ihrigen an Toten, Verwundeten und Gefangenen verloren, darunter viele Offiziere."
Es kam allerdings im weiterhin zu vereinzelten leichten Geplänkel, da die Franzosen an einer Einnahme Stralsunds nicht interessiert waren; vielmehr zogen sie Ende März 1807 sogar Truppen zur Belagerung von Kolberg ab.
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1807 bis zur Besetzung Stralsunds

Die Schweden nutzten dies für einen Ausfall am 1. April, bei dem die Belagerer tatsächlich aus Schwedisch-Pommern vertrieben wurden – allerdings nur für kurze Zeit. Am 17. April schlugen die Franzosen die Schweden bei Ferdinandshof. Beide Seiten schlossen einen Waffenstillstand, der für Stralsund den Vorteil hatte, dass die Stadt nicht wieder belagert wurde.

Blücher Blücher
Nach einem an 20. April mit dem König von Preußen abgeschlossenen Vertag ... sollte 5000 Mann unter Blücher, der inzwischen gegen den von einigen Schillschen ausgehobenen General (später Marschall) Victor ausgewechselt war, auf Rügen laden zu lassen." Am 12. Mai 1807 kam unerwartet König Gustaf IV. nach Stralsund wund wurde von der Besatzung und dem Rat feierlich empfangen. "In seiner Begleitung befand sich der englischen Gesandte (und Botschafter Englands in Schweden - Anmerkung) Alexander Straton und verschiedene schwedische, preußische und englische Offiziere.“ Gleichzeitig waren auch 150 Soldaten und Offiziere des Königs von Frankreich und Navarra, Ludwig XVIII. des Leibregiments des Königs (re`giment du roi) unter dem Lagermarschall Herzog von Pienne gelandet.
Am 12. Juni 1807 traf König Gustav IV. Adolf erneut in Stralsund ein, das er zu seinem Hauptquartier machte. Auch ein preußisches Korps unter Befehl von General von Blücher wurde hier aufgestellt. Blücher bewohnte das Haus Mühlenstraße Nr. 6. Viele preußische Versprengte und Deserteure, welche in die französische Armee gepresst waren, verstärkten das preußische Korps. Zu den versammelten ca.7000 Preußen, die unter Friedrich Wilhelm Bülow von Dennewitz vor dem Frankentor übten, gehörte auch Ferdinand von Schill.
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Ein 8000 Mann starkes Hilfskorps aus England (geplant bis zu 20.000 Mann) kam Anfang Juli ebenfalls nach Stralsund, außerdem Anfang August noch drei Bataillone Finnen. Nach der Kündigung des Waffenstillstandes durch Schweden rückten die Franzosen schnell wieder in Pommern vor und erreichten am 15. Juli 1807 wieder Stralsund.


Blücher Uniformen der Kings German Legion
Eine Bitte des Stralsunder Magistrats an den schwedischen König, die Belagerung abzuwenden, schlug Gustav Adolf am 23. Juli ab. Inzwischen waren Russland und Preußen mit Frankreich einen Waffenstillstand eingegangen, dem am 7. Juli der Friede von Tilsit gefolgt war. Seither stand Schweden, nur von der Seemacht Großbritannien unterstützt, mit Frankreich und sechs Monate später auch mit Russland im Kriege. Am 6. August 1807 führten die Franzosen einen ersten Angriff auf Stralsund. Am 9. August wurde die schwedische Regierung nach Bergen auf Rügen verlegt. Der König übergab am 19. August die Regierung an den Stralsunder Magistrat. Bürgermeister David Lucas Kühl übergab am 20. August gegen 18 Uhr die Stadt an die Belagerer. Noch am Abend besetzten französische Truppen Stralsund.

Juni 1809 bis 1815

Am 15. März 1813 zogen wieder schwedische Truppen in Stralsund ein. Im Kieler Frieden vom 14. Januar 1814 verzichtete der König von Schweden auf Schwedisch-Pommern zugunsten Dänemarks. Im Artikel IX des Friedensvertrages wurde zusätzlich ein Stapelrecht für britischen Waren im Hafen von Stralsund vereinbart. Durch nachfolgende Verträge vom 4. und 7. Juni 1815 erwarb Preußen das Gebiet Schwedisch-Pommern gegen eine Zahlung von 3,5 Millionen Taler preuß. Courant (Eine Courantmünze, zu frz. courant „laufend“ ist eine vollwertige Münze, deren Nominalwert durch das Metall, aus dem sie besteht, vollständig gedeckt ist.2) an Schweden.

Quellen: Wipikedia Geschichte der Hansestadt Stralsund
1) Aus Stralsunds Franzosenzeit, Otto Franke, Stralsund 1837, Verlag Siegmund Bremer
2) Sonja Kinzler (Hrsg.): Der Kieler Frieden 1814. Ein Schicksalsjahr für den Norden. Gemeinsam mit Doris Tillmann, Johannes Rosenplänter u. Martin Krieger. Wachholtz, Neumünster/Hamburg 2014, S. 162f.

=> Schwedenzeit
=> Französische Herrschaft
=> Ferdinand von Schill
=> Preußenzeit - Übergabe an Preußen

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